VON GERHARD FUHRMANN
Da ich noch nie in Großarl (Land Salzburg) war, wollte ich mich bei der Suche nach dem Nesslerhof nicht lange aufhalten. In der Ortsmitte half ein Einheimischer und beschrieb den Weg („vom Kreisverkehr Richtung Seilbahnstation sind es nur ein paar Minuten“). Stimmte – nach etwa einem Kilometer erreichte ich die Talstation der Hochbrandbahn und gegenüber der Parkplatz des 4-Sterne-Superior-Hotel Nesslerhof. Erster Eindruck: Holz und Glas unterstreicht die moderne Architektur – und mittendrin ein Bauernhof, dessen Fenster und Balkone mit Blumen verziert. Was für ein Gegensatz!
Nach dem Einchecken begleitete mich eine Mitarbeiterin zu meinem Zimmer. „Wir sind jetzt im Hotel, das bei uns Zwanzigelf heißt und sie wohnen in Zwanzigsechszehn, unseren Neubau“ erklärte sie während des Fußmarsch durch Flure, vorbei an einem Sportgeschäft und anschließenden Aufzugsfahrten. Die Überraschung war der Blick ins Zimmer. Von wegen Zimmer. Eine großzügige Suite und vom Balkon ein unverbauter Blick übers Großarltal. Drinnen offener Kamin, Sauna, Badewanne (alles noch im Wohnbereich!), überdimensionierter Flatscreen, Schreibtisch, Couches, stylische Lampen, Minibar mit Kaffeeautomaten und Schränke satt. Dazu noch Badezimmer mit Dusche, separates WC sowie Schlafzimmer mit eigenen TV. Beim Rundgang eine technische Hürde. Fast alle Lichter haben eigene Schalter – ebenso die Vorhänge („welcher gehört zu was?“). Die Sensation war jedoch die Toilette. Beim Lichteinschalten ging dort der Deckel automatisch hoch. Was für ein Luxus! Was wird noch kommen?
Die Antwort werden die Gastgeber Tina und Hermann Neudegger beim Abendessen geben. Die beiden begrüßten an der Lobbybar, die unmittelbar an die Rezeption und Vinothek grenzt und als Ausgangspunkt zu den verschiedenen Restaurants dient. Tina, Mutter von drei Mädchen und ausgebildete Sommelière, erklärte das Entstehen des Nesslerhof in seiner heutigen Form: „Mit der Zimmervermietung haben wir vor 40 Jahre im Haus Ursprung gestartet, das heute noch als Frühstückspension – auch in Kombination mit dem Hotel Nesslerhof – gebucht werden kann. Das ist das Bauernhaus links direkt am Hotel. Das wurde im Jahr 2011 eröffnet und heißt bei uns nur ,Zwanzigelf`. Der Neubau, ,Zwanzigsechszehn` genannt, ist seit 2016 in Betrieb. Zum Nesslerhof gehören 62 Zimmer und Suiten und wir beschäftigen 60 Mitarbeiter.“
Mittlerweile kam Hermann Neudegger zur Runde. „Als gelernter Koch habe ich heute in der Küche mitgeholfen“ und geleitete zum Abendessen, „in unseren fünf Restaurant-Stuben werden traditionelle als auch internationale Gerichte serviert.“
Das fünfgängige Menü („gehört täglich zur Halbpension“) und die Weinbegleitung von Tina war vom Feinsten. „Unbedingt alles aufessen, denn morgen früh starten wir mit unserem Fitness-Coach Andi zum Berg-Gesund-Programm. Wer Lust hat, kann vorher noch im Hallenbad oder draußen ein paar Runden schwimmen“, verabschiedete sich Tina.
Frühmorgens schien bereits die Sonne über die Berggipfel und das Großarltal lag in sattem Grün vor meinen Balkon. Mit dem Aufzug direkt ins Wellness-Zentrum und im Panorama-Hallenbad nichts los. Lieber in den beheizten Außenpool und auf den Sprudelliegen die ersten Sonnenstrahlen genießen.
Alle weiteren Annehmlichkeiten der 805qm großen Wasser- und Saunawelt (steht im Prospekt) müssen warten. Zuerst das Frühstücks-Büffet genießen. Dessen reichhaltige Auswahl ließ keine Wünsche offen und hätte deswegen fast das Treffen mit der Wandergruppe versäumt.
Mit Coach Andi spazierten wir auf einem Asphaltweg entlang der Großarler Ache, wo nach einer halben Stunde bei einem Platz gestoppt wurde, wo einige Trimm-Dich-Geräte standen. Dort erklärte Andi – diplomierter Personal- und Athletiktrainer – das Biophilia-Training. „Das sind gezielte Fitnessübungen für Herz, Kreislauf und Immunsystem, die auch zuhause im Alltag jederzeit praktiziert werden können.“ Wir machten Knie- und Rumpfbeugen, Liegestütze, hangelten an Stangen und nutzen Therabänder für unterschiedliche Übungen.
Mit gelockerten Muskeln und voller Tatendrang ging es dann vom Ortsteil Unterberg leicht bergauf. Nach kurzen Aufenthalt bei einem Kinderspielplatz mit Flying Fox führte der Weg über Stock und Stein Richtung Tal („das waren etwa 200 Höhenmeter“) und nach etwa zwei Stunden war die Tour am Nesslerhof zu Ende.
Da wartete schon Tina mit einem Mittags-Snack auf der teilweise überdachten Restaurant-Terrasse. „Seit drei Jahren veranstalten wir diese kostenlose Wanderung mehrmals in der Woche“ erklärte Tina, „außerdem sind im Berg-Gesund-Programm Nischenprodukte wie Eisklettern ebenso kostenlos inkludiert. Empfehlenswert auch der Entschleunigungstag in den Bergen mit Fritz, dem staatlich geprüften Bergführer und diplomierten Ernährungsberater. Mit ihm kann man die Berge neu erleben. Das alles – wie auch die zwölf Instruktoren – finanzieren die Betriebe von Großarl.“ Das ist noch nicht alles Sportive in der Region: Mountainbiken (120 km Streckenlänge), E-Bike, 250 km Wanderwege, Segwaytouren, Golf, Gleitschirmfliegen; oder Fuß- und Beachvolleyball, Tennis, Minigolf und Schwimmen im nahegelegenen Freizeitpark ergänzen das Angebot.
Meine Aktivität konzentrierte sich in der verbleibenden Zeit auf Relaxen. Nach ein paar Aufwärmrunden im Hallenbad und Außenbecken hinüber zum Soleaußenpool, wo auf die Sprudelliegen die letzten Sonnenstrahlen scheinen. Dann schnell rein in die zweigeteilte Saunawelt. Zu der von Haus Zwanzigelf gehören Bio-Kräuter- und Textilsauna sowie Dampfbad. Konzentrierte mich auf Zwanzigsechszehn. In der Event-Sauna mit Panorama-Blick ging „Aufgussmeister“ Ignaz voll zur Sache und jeder war froh, dass er danach ins Kaltwasserbecken springen konnte. Die ganz Harten trauten sich kurz in den 365qm großen Naturschwimmteich in der 3.000 qm-Gartenanlage innerhalb des 1,2 Hektar großen Grundstück.
Danach entspannen – aber wo? Man hat die Qual der Wahl. Es gibt fünf Ruheräume – unter anderem mit Wasserbetten, Schwebeliegen oder Kuschelboxen („Wir garantieren jedem Gast eine Liege“). Von allen geht der Blick ins Freie – entweder in den Garten oder auf die Bergwelt. War nur der Auftakt – es gibt noch viel zu tun. Den einen oder anderen Gang in der Zirben- oder Altholz-Außensauna.
Dazwischen die individuellen Ruheräume nutzen, Tee und Obst in der Vitalbar genießen und zum Abschluss noch das Sole-Dampfbad. Natürlich sind Beauty-Anwendungen in einem Haus dieser Kategorie selbstverständlich.
Im NATURE SPA werden weibliche als auch männliche Gäste mit Treatments und Massagen professionell verwöhnt(Ganzkörpermassage für 61 €). Auch der Nachwuchs – drei bis 14 Jahre – kann Make-up und Massagen genießen (Gesichtsbehandlung 25 Min. für 29 €). Leider bleibt bei dem Angebot mein eigener Kamin und Sauna in der Suite bis jetzt noch kalt. Vielleicht noch ein Gang und Feuer nach dem Abendessen…
Tina Neudegger war beim Galadinner – Hermann schaute in der Küche nach dem Rechten – bei der Weinbegleitung voll in ihrem Element. Zu jedem Gang kredenzte sie den passenden Tropfen. Dazwischen nahm sie sich Zeit, um mehr über den Nesslerhof zu erzählen. Beispielsweise über den Begriff „Gästeflüsterer“, der öfters in Gesprächen erwähnt wurde. Dazu Tina: „Seit der Eröffnung des Hotels haben wir uns gefragt, welche Art von Hotel wir sind. Wellness-, Wander-, Genuss- oder Familienhotel? Wir haben die Antwort nicht gefunden. Also mussten wir es von den Gästen erfahren, die immer wieder zu uns kommen. Wir haben viel mit ihnen gesprochen, Fragebögen gelesen, Bewertungen angeschaut, mit unseren Mitarbeitern diskutiert. Bis wir endlich verstanden haben, dass unser persönlicher Umgang mit den Gästen sowie unsere Serviceorientierung genau das sind, warum bei uns aus Neukunden Stammgäste werden. Das hat uns den Mut gegeben, uns – die Menschen im und rund ums Haus, die tagtäglich für die Gäste arbeiten – Gästeflüsterer zu nennen. Dazu gehören ebenso Lieferanten wie Bergführer.“
Als Mutter hat Tina natürlich ein Herz für die kleinen Gäste. Neben Badespaß im Hallenbad, Außenpool oder Schwimmteich wartet direkt vor der Hoteltür der hauseigene Spielplatz.
Drinnen Spielraum mit Rutschen und Bällebad zum Toben. Die Älteren sind bei Kickern, Billard und Videospielen unter sich. In den Hauptferienzeiten wird der Nachwuchs ab drei Jahre an fünf Tagen pro Woche betreut. Der Favorit bei den Kids – auch bei den Eltern – ist der eigene kleine Bauernhof mit Hühner und Hasen, Schafe, Islandponys und Katzen.
Dazu Tina: „Trotz des breitgefächerten Kids-Angebot haben wir auf das Prädikat Kinderhotel verzichtet. Ebenso könnten wir auch die Bezeichnung Sporthotel verkaufsfördernd nutzen.“ Das wäre beispielsweise bei den Wintersportmöglichkeiten mehr als gerechtfertigt. Nur 100 Meter sind es zur Talstation der Hochbrand-Bahn, die zum Skigebiet Großarl-Dorfgastein mit 80 Pistenkilometer und 18 Bahnanlagen führt (gehört zu Ski amade).
„Die Baustelle am Hang gegenüber ist kein Bergrutsch, sondern gehört zur Pisten- und Tunnelverbreiterung der Hochbrand-Abfahrt. Von der kann man fast vor die Hoteltüre wedeln“ sagte Tina, „aber auch für Langläufer, Wanderer, Rodler und Schneetourengeher ist der Nesslerhof ideal.“ Zum Abendausklang erklärte sie den Ablauf für den nächsten Tag: „Was bei uns noch möglich ist, steht morgen auf dem Programm. Wer möchte, geht um 9 Uhr zum Yoga oder macht eine E-Bike-Almtour. Anschließend wandern wir zusammen zur Karseggalm – eine der 40 bewirtschafteten Hütten im Großarltal.“ Nach diesen sportiven Aussichten hatten die meisten keine Lust auf einen Absacker an der Lobbybar.
Entschied mich für Yoga, weil ich das noch nie gemacht habe. Vorher Hallenbad, ein „leichtes“ Frühstück („wer weiß, was auf mich zukommt“) und dann wurde es ernst. Im Seminarraum wartete bereits Yoga-Trainerin Susanne.
Nach leichten Einführungsübungen – die Profis konnten eine langweilige Miene nicht unterdrücken – verschärfte Susanne die Gangart auf der Matte. Wusste als langjähriger Sportler gar nicht, dass manche Muskeln so malträtiert werden können. War froh über Erholungspausen und Entspannung bei beruhigender Musik. Nach zwei Stunden hatte Susanne ein Einsehen und beendete die Session. War beeindruckt – Yoga ist für mich in Zukunft keine spirituelle Angelegenheit mehr.
Während dessen kamen auch die E-Biker von ihrer Tour zurück. Abgekämpft und zugleich begeistert erzählten sie vom Streckenverlauf, von der Natur und von den besuchten Almen. Apropos Almen: Das war der nächste Programmpunkt. Tina drängte zum Aufbruch, denn wir wollen noch zur Karseggalm. „Die liegt am Salzburger Almenweg und man geht zirka zwei Stunden zu Fuß“ erklärte Tina. Bei der Ankunft waren wir nicht alleine – bei Sonnenschein alle Tische im Freien besetzt.
Ringsum lag noch Schnee – hatte die Tage vorher geschneit. Ein Blick in die 400 Jahre alte Hütte (älteste im Großarltal) beeindruckend. Offene Feuerstelle für die Käseherstellung und unter dem Dach die Stroh-Schlafstellen für die Wirtsleute Gruber. Tina hat bereits Brettljausen geordert – mit Sauer- und Knetkäse. „Die werden hier selbst gemacht und gelten als Spezialitäten“ sagte Tina. Beim Essen leisteten uns Ziegen, Ponys und Hunde der Wirtsleute Gesellschaft. Die mussten dann auf uns verzichten, weil der Rückweg anstand. Bei dem Wetter und dem grandiosen Berg-Panorama verging die Zeit bei der Wanderung zum Nesslerhof wie im Flug. Nach dem sportiven Tagesverlauf gab es noch eine Nachmittags-Jause und wer wollte, konnte noch die Annehmlichkeiten des Nesslerhof genießen.
Tina und Hermann Neudegger, die Gästeflüsterer, haben während der Tage neue Stammgäste dazugewonnen.
Der Bericht entstand während einer Pressereise durch Feuer&Flamme.Die Agentur
Infos:
www.nesslerhof.at
www.grossarltal.info
www.feuerundflamme-dieagentur.de
www.salzburgerland.com
www.austria.info