Abgefahren: Serfaus-Fiss Ladis/Tirol. Wo man Freeride Kids zu Stammgästen macht

ABGEFAHREN!
Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder!
Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von  …..  gerade aussieht.
Dieses Mal: Serfaus-Fiss-Ladis/Tirol. Wo man Freeride Kids zu Stammgästen macht.

Foto oben:
Serfaus-Fiss-Ladis: Skyswing mit Panorama (c) Andreas Kirschner

Fotocredit & Copyright:
Fred Fettner

Text:
Fred Fettner

Die Erste Spur. Einzelfahrer (c) Sepp Mallaun

Freeriding Sprung (c) Marco Freudenreich QParks

Man kann sich auf unterschiedliche Weise einen ersten Überblick über ein Skigebiet verschaffen: Mittels Web und App, oder klassisch anhand der Panoramakarte. In Serfaus-Fiss-Ladis baumelt man wie unter einem Drachen am Fisser Flieger, sieht die Pistenskifahrer 30 Meter unter sich und gewinnt einen Blick auf das Gewusel am Kleinkinderdorado Möseralm. Ein Blick, der sich erst beschaulich im Rückwärtsgang genießen lässt, eher der Flieger talwärts rasant Fahrt aufnimmt. Übermütige kommen auch am SkySwing hoch über das Skigebiet hinaus. Wer nicht der Seekrankheit anheim fällt, gewinnt auch hier einen Überblick – ehe im Überschlag die Welt abrupt nach oben kippt. Wer nicht ausreichend abgehärtet ist, kann sich seinen Skitag gründlich verübeln. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Ehrlich gesagt: Besser holt man sich seine Adrenalinspritze in der verschneiten Vertikale. Denn was sich seit Jahrzehnten als ferialer Kinderspielplatz in den Gehirnwindungen verewigt hat, weist Steilhänge von selten gesichteter Brutalität auf. Und sollte abschließend noch Bedarf nach Rummelplatzfeeling bestehen, bleibt zum Finale immer noch der Schneisenfeger: 40 km/h Spitze, bei 38 komma irgendwas ging ich ins Radar und das Foto bestätigt strafverschärfend die traute Harmonie von Grandezza und Schleudertrauma. All das sind nur einige der Attraktionen, die vom Vergnügungspark in die Bergwelt verpflanzt wurden, um jungen Menschen jeglichen Alters Fun zu garantieren. In wachsendem Maß werden diese ursprünglich zur Belebung des Bergsommers angeschafften Adrenalinaktivierer nun im Winter genutzt.

Braucht’s das? Wenn’s nach Skifreaks geht, nicht unbedingt. Denn diese 460 Hektar Fläche mit gemessenen 162 Pistenkilometern sind nur in bestimmten Abschnitten – etwa den 125.000 Quadratmetern, die exklusiv den Kleinsten vorbehalten sind – Anfängerterrain. „Ich bin bisher nur mit meinem Hubschrauber drüber geflogen, aber das sind hier gewaltige Pisten,“ zeigte sich 5-fach-Weltcupsieger Marc Girardelli beim rasanten Lokalaugenschein beeindruckt. Lazid ex-dream oder die Masnkerkopfabfahrt sind durchaus atemberaubend steile, glatt präparierte Gustostückerln. Dass man in prominenter Gesellschaft dank kundiger Führung beim Masnerkopf auch viele Tage nach dem letzten Schneefall „Little Secrets, die ich für euch aufgehoben habe“ (O-Ton von Skilehrer Markus) erkunden kann, zeichnet das Skigebiet auch für Experten aus. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Steilabschnitten von Pezid und Lazid herauszuarbeiten, ist dabei gar nicht so einfach, sind sie doch im Gefälle um die 70 Prozent durchaus vergleich und laufen dann zu den Talstationen gemütlich aus. Zwischen den offiziellen Varianten ist bei passender Schneelage – die sich bis zu unserer Besichtigung Anfang Februar nur partiell eingestellt hatte – noch viel Platz für Off-Piste-Erlebnisse. „Normalerweise sind die Pezid Westhänge, die ersten die gehen,“ erzählt Markus-Kollege  Stefan. Wobei das „Trainingsgebiet der Skilehrer“ eher die nord-östliche ausgerichteten Steilhänge des Lazid seien. Hier kann vor Beginn der Skikurse in 12 Minuten eine geniale Runde gedreht werden. Denn zwischen den steilen Pisten gebe es jede Menge weitere Runs.

Freeride für Kids mit Markus (c) Fred Fettner

Fisser Flieger verschafft Überblick. (c) Fred Fettner

Nach Girardellis Spruch „Jeder Tag auf Ski ist ein gelungener Tag“ haben wir uns natürlich auch mal abseits der Piste versucht. Eben auf den weiten, südöstlich ausgerichteten Hängen des Masnerkopfes. Es gibt aber noch sehr beliebtes Terrain im Skigebiet Fiss vom Zwölferkopf aus. Die Adlerroute, die links von der harten  schwarzen Adlerpiste abzweigt und einem das seltene Vergnügen einige Tiefschneeschwünge im lichten Wald beschert. Bei nicht zu üppiger Schneeauflage können sich die Latschen als Tentakeln nach Skiern gierender Kraken erweisen, aber insgesamt ist die Abfahrt ins Urgtal ein Traum. Wobei man nicht ganz ins Urgtal fährt, sondern wieder zur Talstation der Almbahn zurückkehrt. Bei entsprechender Schneelage empfiehlt Markus von hier eine richtige Talabfahrt als Halbtagsausflug, bei der man knapp nach dem Tunnel von Prutz die Bundesstraße erreicht. Notwendig ist dafür aber eine lokale Begleitung samt Taxibestellung.

Während auf die sehr weitläufige Serfauser Seite mit dem Masnerkopf auf über 2800 Metern die höchsten Höhen erschließen, zeichnen den Fisser Bereich unterhalb von Zwölferkopf und Sattelkopf einige höchst spektakuläre markierte Varianten aus: Etwa Kamikaze und Powder Nose. Schwachpunkt ist hier sicher die ausgesprochen Föhn gefährdete Almbahn. Zur besseren Erschließung des Bereichs ist eine 3-S-Bahn von Ladis auf die Frömmes in Planung.

Immer wieder fallen im Gelände sehr junge Freerider ins Auge. Denn zwar wuchsen Attraktionen für immer ältere Kinder aus dem Almboden, doch besonders die Skischulen machen bewusst, dass wohl die größte Winterattraktion für junge Menschen die verschneite Natur darstellt. „Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass Kinder bis ins Teenager-Alter durch unser einmaliges System der Skischule ihre Eltern zu Serfaus-Stammgästen machen,“ sagt der Serfauser Skilehrer Stefan. In Serfaus werden Kinder von 6 bis 12 Jahren zu „Snow Stars“ ausgebildet. Es beginnt mit den Pistenregeln, die auch abgeprüft werden. Nach dem Pistenfahren, folgen Torstangen, Funparks und schließlich Off-Piste. Dafür werden schließlich alle Schüler auch mit Lawinen-Verschütteten-Suchsystemen vertraut gemacht. „Es ist schon außergewöhnlich, wenn das Kind dann seinen Vater zur Rede stellen, weil er ohne Ausrüstung Varianten fährt,“ grinst Schütz.

Ökonomisch hat der modulare Aufbau mehrere Vorteile. „Es gelingt uns, die Kinder so zum einwöchigen Gruppenunterricht zu animieren,“ bestätigt Schütz-Kollege Markus. Weil das absolvierte Modul schriftlich bestätigt wird, wollen die Teilnehmer im folgenden Jahr die nächste Stufe schaffen. Das animiert zur Wiederkehr. Nicht nur als Tiefschneefreaks. So treiben sichten russische Drillinge, die alljährlich sechs Wochen in Serfaus trainieren – und sich bereits bei lokalen Rennen mit ihren neunjährigen Tiroler Alterskollegen matchen.

So vereint Serfaus-Fiss-Ladis Familien mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Freerider, die zehn deklarierte Skirouten nützen, Pistentiger, aber auch Winterwanderer, denen nicht nur Wege, sondern auch Miet-Elektro-Kinderwagen zur Verfügung stehen. Denn die Kinderbetreuung ragt weiterhin heraus: Fast rund um die Uhr gibt es sie selbst für erst drei Monate alte Babys, dazu Kinderrestaurants im Skigebiet und, wenn das Wetter mal nicht mitspielt, steht nun direkt an der Talstation Komperdell die Indoor Spiel- & Kletterwelt PLAY-IN parat.

Unbestritten: Mag vieles inklusive sein, geschenkt wird einem gerade im Winter nichts. Seit 1985, wo mit der Errichtung der auf Luftkissen gebetteten Dorf-U-Bahn, die in den nächsten Jahren modernisiert wird, der Aufstieg seinen Ausgang nahm, wurde an der Perfektionierung des Angebots gearbeitet. Dazu zählen bei knapp 15.000 Gästebetten der Region bereits etwa 18.000 Depotplätze für die Skiausrüstung, überwiegend an den Talstationen. Oder auch Spitzenbetriebe, wie das 5*S-Hotel Schalber, die unbestritten edelste Homebase dieser Region.

HARD FACTS

(entnommen SKI GUIDE AUSTRIA, Verlag Medianet. Autoren Fred Fettner/Günter Fritz. 14,90 € im Buchhandel)

SKIGBIET: Pisten von 1.200 bis 2.820 Meter Seehöhe

PISTEN: Gesamt: 214 km, davon Leicht 47 km / Mittel 123 km / Schwer 28 km / Routen 16 km, 450 ha Pistenfläche

LIFTE: Gesamtanzahl 68 (davon 29 Förderbänder im Kinderbereich)

STUNDENKAPAZITÄT: 90.000 Personen

BEZEICHNUNG: Tirols Ski-Dimension Serfaus-Fiss-Ladis

PREISE: Tageskarte (HS/Erw/Kd) Euro 49,- / 30,-
6-Tage (HS/Erw/Kd) Euro 264,- / 152,50

ERMÄSSIGUNGEN: Besitzer der Gästekarte bei Mehrtageskarten. Senioren (ab Jg. 1952). Kinder bis Jg. 2011 gratis.

LOIPEN: Gesamt 112 km, davon Classic 58,5 km, Skating 53,5 km

TIEFSCHNEE: Powder Nose (Länge: 2.000 Meter / Höhenmeter 400 Meter), Pezidroute, Kamikaze, Adlerroute uvm. 4 Freeride-Bases mit genauen Infos.

BESONDERHEITEN: Feel Free: 9 Funarenen plus 10 Skirouten für Freerider.
Kinder-Schneealm und Kinderland. Nachtskilauf Serfaus und Fiss. Familien Coaster Schneisenfeger (Sommer- und Winterrodelbahn), Crystal Cube Fiss.

TOP EVENTS:
• Adventure Night Serfaus – jeden Mittwoch
• Nightflow Fiss – jeden Dienstag
• Magic Ladis – an 4 Abenden in der Wintersaison 2016/17

NEWS 2016/2017: Indoor Spielplatz PLAYIN Serfaus. Verbesserte Beschneiung (Fiss). 2 neue rote Abfahrten: Mittlere Scheidabfahrt und Plötzaabfahrt.

AUSKUNFT BERGBAHNEN: Tel.: +43 (0)54 76 / 62 03 (Serfaus) oder 63 96 (Fiss)

TOURISMUSVERBAND: Serfaus-Fiss-Ladis Marketing GmbH, Gänsackerweg 2, A-6534 Serfaus. Tel.: +43 (0)54 76 / 62 39-0
www.serfaus-fiss-ladis.at

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