VON JUPP SUTTNER //// „Liegt das am Corona-Virus“, fragt der Fremde, neben dem Reporter im Sessellift sitzend, als wir über die Sutten hinweg nach oben schweben. „Denn so wenig Leute auf der Piste – das ist doch ungewöhnlich!“ Der Fremde stammt aus dem Ruhrgebiet und hat Anfang der Woche seiner Firma mitgeteilt, dass er gen Bayern zum Skifahren düse und jeden Abend nach dem Carvingvergnügen sich als Home Office-Mitarbeiter betätigen werde. Nun ja: Da fährt einer 700 km weit – und spricht dann von „Home“ Office. Jedenfalls hat er recht. Es ist wirklich nicht viel los an diesem Donnerstag, den 4. März 2020, im Alpenplus-Skigebiet Spitzingsee-Tegernsee. Doch der Hauptgrund, dass…
_____________________________________
ABGEFAHREN! Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder! Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von ……. gerade aus sieht. Dieses Mal: So war es am Donnerstag, 4. März 2020, im Alpenplus-Skigebiet Spitzingsee-Tegernsee in Oberbayern.
Fotocredit & Copyright aller Fotos dieses Reports:
Jupp Suttner. Sämtliche Bilder wurden aufgenommen am Donnerstag, 4. März 2020 und sind unbearbeitete Originale ohne Photoshop oder so…
Text:
Jupp Suttner
______________________________________
… so wenige Wedler (siehe Foto) unterwegs sind, dürfte nicht an einer eventuellen…
…Ansteckungs-Angst liegen (im gesamten oberbayerischen Landkreis Miesbach wurde noch kein Corona-Fall bekannt), sondern eher daran, dass das Haupt-Klientel dieses Münchner Haus-Skigebiets, die Münchner also, es sich einfach nicht vorstellen können, wie fabelhaft gut man nur eine Stunde von ihnen entfernt zu dieser Jahreszeit noch Skifahren kann! Weil:
Bis 900 m Höhe alles grün und grau – aber ab etwa 1.000 m: beste Schneeverhältnisse! (Und das hier gemeinte Skigebiet reicht von 980 bis 1.580 m.) Denn so wie es im Flachland die letzten Tage geregnet, gegraupelt, gesaut hat – hat es „oben“ (siehe Foto, Blick auf den Roßkopf) eindringlich geschneit!
Sicher, dieser Anfang-März-Schneefall geriet zu keinem vor Kälte knirschenden Januar-Pulver – aber mit der Zusatz-Hilfe von Kunstschnee-Kanonen haben sie es am Spitzingsee geschafft, einen klasse Untergrund hin zu zaubern. Ski & Snowboard gut!
Die Sutten also. Des Reporters Lieblingspiste der gesamten weißen Welt. Rund um den Globus! Nicht, weil sie 3,5 km lang durchgehend genüsslich rot ist, sondern: Weil das die Abfahrt seiner Kindheit ist. Ganz selten mit dem Lift damals, dafür war zu Hause zu wenig Geld vorhanden. Aber oftmals zu Fuß hinauf stapfend. „Direkt hier unter der Lifttrasse!“, erklärt der Reporter dem Fremden. „Ooooh“, so der Mann aus Essen, „das muss ja romantisch gewesen sein!“
„An Pfiefkas wars“, grummelt der Reporter und übersetzt auch gleich, was er meint: „A Schmarrn war’s!“ Das Stapfen. „Ich wär‘ tausend Mal lieber mit dem Lift hinaufgefahren!“.
Manchmal ging das auch. Mit folgendem Trick:
Familie A. kaufte 2 Erwachsenen- und 1 Kinder-Ticket.
Fuhr mit dem Lift empor – und warf bei der ersten Möglichkeit, die für das Liftpersonal uneinsehbar war, die Tickets aus dem Lift.
Die Familie S. (wir) nahm die Tickets dort aus der Luft schwebend in Empfang – und nutzte sie gleichermaßen.
So ging das den ganzen Tag hin und her – und 2 Familien fuhren zum Preis von einer…
Bevor die Sutten-Liftbetreiber jetzt einen Prozess in die Wege einzuleiten überlegen – die Tat vollzog sich in den 50er-Jahren. Könnte eventuell verjährt sein. Aber vielleicht ist ja sie, die Tat, schuld daran, dass am Suttenlift heute noch angeschrieben steht: „Die Liftkarte ist nicht übertragbar. Bei Zuwiderhandlung…“ und so weiter.
Der Essener blickt den Bayern nun sichtlich indigniert an. „Seltsam, was es hier alles gibt!“. Und erzählt sofort von zwei Seltsamkeiten, die wiederum er bereits erlebt hatte:
„Gestern ist abseits der Piste ein junger Mann neben der Stümpfling-Abfahrt in einen Teich gefahren und eingebrochen. Aber ich sah vom Lift aus, dass er selbst wieder herauskam. Patschnass natürlich. Ich rief vom Lift hinab, ob ich helfen könne. Er: ‚Nein, nein – ich bin nur einer Spur nachgefahren!‘ Was aus der Person wurde, deren Spur er gefolgt war – keine Ahnung…“
Und sein zweites Seltsam-Erlebnis: „Auf der Jager-Hütte saß eine Frau mit ihrem Kind. Sie war – als Fußgängerin – mit dem Lift nach oben gekommen, ohne Ski. Und weigerte sich nun, den Lift auch bergab zu nehmen – das sei ihr zu wackelig. Keine Ahnung, wie die wieder ins Tal kommt…“
Entweder mit dem Akja, mutmaßt der Reporter, oder dem Helikopter. Oder zu Fuß – da muss sie halt bis Mai auf der Hütte bleiben. Ist ja auch ganz nett. Jedenfalls sucht der Reporter diese Jagahütt’n (wie sie richtig heißt) auf dem Scheitel der Stümpfling-Sutten-Skischaukel jetzt gleich auf – das wäre doch eine interessante Interview-Partnerin!
Doch es ist keine Mutter mit Kind zu erblicken. Also widmet der Autor sich dem georderten Skiwasser (ausgezeichnet, genau die richtige Dosierung, wie ein Skiwasser aus besagten 50er-Jahren!) und anschließend einer Portion Hüttenkasnudeln (siehe Foto) mit gerösteten Zwiebeln und geschrotetem Pfeffer zum angesichts der Portionskleinheit echt gepfefferten Preis von 11,90 Euro. Aber ja mei – die hier hereinbrechenden Münchner sind derlei aus ihrer Weltstadt mit Herz durchaus gewöhnt und zucken gewohnheitsgemäß mit den Schultern. Wer jedoch öfter im benachbarten Tirol Ski fährt, zuckt angesichts dieses Nudelpreises eher vor Schreck zusammen.
Dann wieder einige prächtige Runs und bei der letzten Liftfahrt des Tages erzählt ein junges Mädchen ihrem jungen Freund: „Immer wenn ich in den Schnee gucke, sehe ich Kreise und Wellen und es bubbelt so komisch!“ Sie muss ein Skiwasser der ganz besonderen Art sich einverleibt haben. Keines der 50er-, sondern eher eines der der psychedellischen 60er-Jahre.
Ganz nüchtern hingegen noch einmal konstatiert des Reporters Tipp: Unbedingt hin in den nächsten Tagen zum Spitzingsee – es lohnt sich auf alle Fälle! Sowohl für Urlauber aus ferneren Landen – als auch für „Dahoam is Dahoam“-Freaks aus Bayern, die sich vom Werbeslogan des hiesigen Alpenplus-Verbundes überaus treffend angesprochen fühlen dürften. Er lautet: „Skifahrn Dahoam“.
Was leider jedoch nicht mehr abends gilt. Das berühmte Nachtskifahren wurde für diesen Winter bereits eingestellt. Dafür kann man sich nun zu dieser Zeit zu Hause auf der Couch in Ruhe „Dahoam is Dahoam“ ansehen. Wobei bedauerlicherweise aber garantiert keine Kreise, Wellen und Bubbelblasen auf dem Bildschirm zu sehen sein werden. Sondern nur eine glitschige soap.
Jupp Suttner
Fakten zum Alpenplus-Skigebiet Spitzingsee-Tegernsee, das rund 60 km von München entfernt liegt und auch gut mit Zug und Bus erreichbar ist:
Höhe: 980 – 1.580 m
10 Lifte/Anlagen
2 Vierersesselbahnen
1 Doppelsesselbahn
7 Schlepplifte
20 km präparierte Pisten
Leicht: 2 Pisten (8,5 km)
Mittel: 5 Pisten (7,5 km)
Schwer: 2 Pisten (4 km)
4 vollbeschneite Abfahrten
7,45 km beschneite Pisten
1 Funslope
Info-Telefon +49 8026 9292230 und +49 8026 71226
Schnee-Telefon +49 8026 7099
Öffnungszeiten Skibetrieb: 08:30 – 16:20 Uhr
Infos: https://www.alpenplus.com/alpen-plus-skigebiete/skigebiet-spitzingsee-tegernsee/
Weitere Alpenplus-Gebiete wie Sudelfeld, Lenggries, Wallberg u. a. via www.alpenplus.com
Region: www.tegernsee-schliersee.de , www.oberbayern.de