„Am 3. Dezember, mein Freund, beginnt heuer die neue Wintersaison.“ Moritz Craffonara nimmt mich in den Arm, er darf mich so nennen, wir kennen uns, er erzählte viele abenteuerliche Geschichten und er servierte im Glasveranda den spektakulären Hummer auf einer Portion Spaghetti mit Blick über den Piz La Ila und die hinter ihm liegenden Dolomitengipfel. Bei ihm habe ich vor zwei Jahren meine gebrochene Ferse in einen eisgefüllten Champagnerkübel gesteckt. Sein Kellner Francesco hat sich maßlos aufgeregt. Aber dafür gibt es Freundschaften.
Heute Morgen bin ich von La Villa, wo ich das Auto nach einer vierstündigen Fahrt von München über den Brenner, das Puster- und das Gadertal abgestellt habe, mit der Seilbahn zum Piz la Ila gefahren, bei blauem Himmel, aber ohne Schnee.
Auch wenn Moritz im Club Moritzino die Regie an seinen Sohn abgegeben hat, an der Raffinesse der Küche, in der jetzt Marco Spinelli das Sagen hat, hat sich nichts geändert. Dessen Spezialität sei ein „Teller Tagliolini al nero di sepia auf einem samtigen Teppich aus Miesmuscheln und Carpaccio von Jakobsmuscheln, musst du probieren“. Ich nicke und Moritz ruft Befehle von der Bar in die Küche. „Meine Haare werden länger, dafür weniger. Ich laufe durch Gasträume und unseren Außenbereich wie ein Relikt der alten Zeit.“ „Moritz“, sage ich, „in Alta Badia ist die gute Zeit noch lange nicht vorbei.
Hochabtei, wie diese Region im ladinischen Teil Südtirols auf Deutsch genannt wird, ist in den letzten Jahren konsequent den Weg gegangen, sich ein sportliches und kulinarisches Profil zuzulegen. Die Kombination aus gepflegten Pisten und der majestätischen Kulisse der Dolomiten, bildet den Rahmen. „Skifahren mit Genuss“, sciare con gusto, heißt die Initiative. Und da, wie Nicole Dorigo, Pressechefin von Alta Badia sagt, „man immer etwas Neues ausprobieren muss“, sind zum diesjährigen Saisonstart einige prominente Maîtres geladen. Das Motto lautet: Top of the Mountains.“ Die neunte Ausgabe des sciare con gusto beginnt am Sonntag, den 11. Dezember, mit der traditionellen Gourmet Skisafari. 14 Spitzenköche werden jeweils einer Skihütte zugeordnet, für die sie ein spezielles Gericht entwickeln werden, das während der gesamten Skisaison angeboten wird. Es wird dabei von einem Südtiroler Wein begleitet, der von einem Sommelier ausgewählt wurde. Die Wintersportler können auf ihren Skiern von Hütte zu Hütte fahren, dort die Köstlichkeiten genießen und die Köche kennenlernen. Vom 22. bis zum 25. Januar 2017 wollen Norbert Niederkofler, Koch im Koch im Restaurant St.Hubertus des Hotels Rosa Alpina, und Paolo Ferretti, Aquarellmaler, mit der zweiten Ausgabe von CARE`S noch einen drauf setzen. Spitzenköche, Weinproduzenten und Lebensmittelexperten diskutieren „über eine gemeinsame Vision, um Ethik und Verantwortung in der Kultur und der Önogastronomie zu beschreiben“, erläutert Nicole Dorigo.
Auch die Initiative „Der Sommelier auf der Piste“ werde wiederholt. Und wie immer bildet die „Wein Skisafari“ den Abschluss. Zum Ende der Skisaison wird dann noch die dritte Ausgabe der „Skicarousel Vintage Party” einen Höhepunkt setzen. Und zum Schluss werden die Hütten trendige Gerichte aus den siebziger und achtziger Jahren anbieten.
Wer es wenig stylisch, vielmehr eher gemütlich und traditionell mag, der kann sich im Paisc da Nadé, dem weihnachtliche Dorf, mit dem Weihnachtsmann zum Glühwein treffen. Da die Adventzeit in den Tälern von Alta Badia eine Sache der Familien ist, hat man in San Cassiano keinen Markt, sondern ein Dorf aufgebaut, um die jahrhundertealten Traditionen in den typischen Stuben den Gästen zu vermitteln. Sterne-Chefkoch Matteo Metullio aus dem Restaurant La Siriola will seine neue Kreation, die Süßspeise „Weihnachtszopf mit Zabaione und Marsala“ vorführen.
Daneben lockt der Weihnachtsmarkt in der Dorfmitte von Corvara. Am Dienstag, 6. Dezember, kommt der Nikolaus persönlich zu Besuch. Der Weihnachtsmann hat sich für den 25. Dezember angekündigt.
„Moritz?“ „Ja?“ „Im Hinblick auf deine lang gewordenen Haare. Welchen Job übernimmst du? Nikolaus oder Weihnachtsmann?“ „Keinen. Ich schaue mir am 10. Dezember, die Eiskunstlaufvorführung der ‚Ice Angels‘ an, dann folge ich dem Engelumzug. Ich habe aber auch für dich eine Empfehlung. Du kannst doch wieder gehen?“ „Klar, siehst du doch, Skifahren auch.“ „Dann solltest du, wenn du mal das Leben auf dem Bauernhof in vorweihnachtlicher Atmosphäre kennenlernen willst, auf den Bauernhof Alfarëi gehen. Das ist ein altes Gebäude aus dem 13./14. Jahrhundert, oberhalb der Ortschaft Badia. Los geht’s mit Fackeln vom Zentrum von San Leonardo aus. Dann gibt Rosa Piccolruaz Backunterricht in der Zubereitung der typischen Südtiroler Süßspeise „Zelten”.“ „Was ist das?“ „Sie wird aus trockenen Früchten hergestellt. Ihr Mann Antonio erzählt die antiken Advent- und Weihnachtstraditionen in den Bergen.“
Da könnte man fast auf den Gedanken kommen, der Wintersport spiele in Alta Badia keine Rolle mehr. Dem ist nicht so. Das Skifahren bleibt die Hauptsache: 130 km Pisten werden von mehr als 52 Liftanlagen erschlossen. Eine direkte Skiverbindung zu mehr als 500 km Pisten im Sellagebiet und innerhalb des Skipassverbundes Dolomiti Superski ist gegeben. Dabei hat die schwarze FIS-Riesentorlauf-Abfahrt, genannt Gran Risa, herab nach La Villa, internationale Bedeutung. Wenn Schnee läge, wäre sie heute fällig. Der März ist hier Hochsaison, denn statistisch gesehen ist es der Monat mit dem meisten Schneefall und mit der meisten Sonne im Winter, wenn man den April schon dem Frühling zurechnet.
Moritz strahlt, während die Tagliolini in der Glasveranda serviert werden, die sich als wahrhaft köstlich herausstellen. „Kaum zu glauben“, sage ich, „dass die Zeit schon so lange her ist, als du in Hannover Jura studieren wollte, bevor du erkannt hast, welches Potential dieses Alta Badia hat, wenn es nicht den Weg des Massentourismus mit Self-Service-Abfütterungsstationen geht, sondern sich um Menschen kümmert, die Spaß am Leben haben.“ „Ja, aber es ist nicht immer leicht.“ Aber darauf müssten die Jungen reagieren, meint Moritz, „nicht wir“. Jedenfalls in der Küche haben sie heute den Beweis erbracht, dass sie es können.
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