ABGEFAHREN AM KITZSTEINHORN: GERDL WOLF ZU EHREN – SKIfLIEGEN ÜBER DEN WOLKEN

VON JUPP SUTTNER    ////    Wir zucken zusammen. Denn hinter uns, beim Gondelausstieg ganz oben: ein Urschrei der brachialsten Art. Gefolgt von einem Jodler. Und noch einem. Wir kennen den rotgekleideten Skifahrer, der diesen Gefühlsausbruch an den Tag legt, zwar nicht – aber wir verstehen ihn: Er ist aus der Suppe im Tal unten mit der Bergbahn durch die Suppe in der Mitte gedüst – und hat plötzlich das Paradies ganz oben erreicht: das Paradies mit strahlendstem Sonnenschein – wie in einer anderen Welt! Der Mann hat lauthals hinaus gebrüllt, was unser Inneres in einer Art Fassungslosigkeit ganz still fühlt: ein Wunder, diese Welt. Wieder mal.

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ABGEFAHREN! Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder! Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von ……. gerade aus sieht.  Dieses Mal: So war es am heutigen Donnerstag, 9. November 2017, auf dem Kitzsteinhorn-Gletscher bei Kaprun im Salzburger Land/Österreich.

Foto oben:

Skifliegen über den Wolken – in memoriam Gerdl Wolf

Fotocredit & Copyright aller Fotos dieses Reports:

Jupp Suttner. Sämtliche Bilder wurden aufgenommen am 9. November 2017 auf dem Kitzsteinhorn.

Text:

Jupp Suttner

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Sofort werden die Mobiles vor das Gesicht gepresst und wird diese Szenerie – unten ein Nebelmeer und oben die hellste Sonnenwelt – fotografiert und gepostet. „Skifliegen über den Wolken“ nennt eine Journalisten-Kollegin das Bild. Besser kann man es nicht bezeichnen. Sofort klauen wir die Idee (danke, liebe Renate!) und nehmen uns vor, diese Aussage als Überschrift zu verwenden.

Irgendjemand summt eine Melodie. Ohne Worte. Doch jeder kennt den Text: „Üüüüüber den Woooolken muss die Freiheit wohl greeeeenzenl…“ Und so weiter.

Und sie ist es fast auch, die Freiheit. Greeeeenzenl… Denn die Pisten des Kitzsteinhorns sind

nicht gerade übervölkert. Letztes Wochenende tummelten sich noch zirka 7.000 Ski-Freaks hier. Heute sind es maximal 2.500 bis 3.000 – so dass tatsächlich etliche Hänge sich derart licht präsentieren, dass man auf ihnen in weitesten Bögen carven kann. Auch wenn unsere Kurven natürlich etwas ungelenk wirken gegenüber jenen, welche die hier oben trainierenden Mitglieder verschiedenster Nationalmannschaften bei ihrer Jagd durch die Tore ziehen.

Aber andererseits – wer von uns Normal-Wedlern CARVT denn schon noch heutzutage? Zumindest in Österreich ist seit letztem Winter stattdessen SCHÖNSKIFAHREN angesagt in den Skischulen. Denn das Carven, haben die Austria-Experten erkannt, sei wohl ein jahrelanger Irrtum gewesen. „Nur etwa 20 % aller Skifahrer können carven“, sagt Thomas Maier vom Salzburger Schilehrer Verband. „Alle anderen rutschen nur“.

Und damit dieses Rutschen künftig SCHÖN aussieht, existieren seit 2016 eben entsprechende Kurse. „Die Gäste haben das sehr gut angenommen“, weiß Maier, der selbst eine Skischule in Neukirchen am Großvenediger betreibt. „Wir können ihnen nicht in drei Tagen das Carven beibringen. Aber wir können in drei Tagen ihren individuellen Stil so verfeinern, dass es gut aussieht“. Und die Fahrweise nicht nur eleganter, sondern auch müheloser sich präsentiert. „Ökonomischer!“, nennt Maier dies. Doch wie zum Teufel soll man bei den heutigen Skiticket-Preisen noch ökonomisch Skifahren?

 

Thomas Maier demonstriert, auf was es beim Schönskifahren ankommt

 

Und so sieht Schönskifahren dann in der Gruppe aus…

 

Gestern beim bereits 7. Forum der „Allianz Zukunft Winter“ im Tauern Spa Hotel in Kaprun lernten wir, dass es in Deutschland etwa 1 % extrem gut verdienende Menschen gibt (10 000 Euro Einkommen pro Monat) und 10 % sehr gut Verdienende (5 000 Euro pro Monat). Preisfrage: Wieviel Prozent dieser Gutverdiener gehören zu den 20 % der Carver? Eine Frage, die unbedingt der Klärung bedarf. Schon wegen der Ökonomie.

 

Franz Schenner, der als Sprecher der Allianz Zukunft Winter die Zukunft des weißen Vergnügens in Österreich mitlenkt

 

Was es sonst noch vom Forum zu vermelden gibt, werden wir demnächst auf Reise-Stories.de detaillert veröffentlichen. Jetzt jedoch zurück in den Schnee des Kitzsteinhorns, denn er war beim heutigen ABGEFAHREN-Test schlichtweg – grandios: Oben 1,70 Meter Naturschnee – unten 80 cm Naturschnee, gemixt mit Kunstschnee. Und es sind in den nächsten Tagen und Wochen weitere Niederschläge zu erwarten.

„Letztmals 2011 war die Lage so gut“, erinnert sich Kitzsteinhorn-Boss Norbert Karlsböck bei der Mittagspause in der Gletschermühle. Wir bestellen dort: Die Ente mit Blaukraut und Polenta – für beachtliche 24,90 Euro.

„Ist dies inklusive Übernachtung?“, fragt jemand. „Nein“, klärt der Kellner auf, „aber die ENTE hat übernachtet. Der Koch hat sie die ganze Nacht über bei 70 ° Temperatur reifen lassen.“ Herausgekommen ist eines der zartesten Flugtiere, das uns je auf den Teller geriet. Dem Küchenchef – er heißt Werner Köhler – kann nur höchstes Lob erteilt werden.

 

Die sagenhafte Ente der Gletschermühle

In einem anderen Part des Restaurants auf 2.450 m Höhe tagen die Experten eines regionalen Klimagipfels – inklusive Welt-Starköchin Sarah Wiener. Triumphierend verrät eine österreichische Reporterin, dass die Wiener ihr verraten habe, was man beim Skifahren essen solle.

„Und“, möchten wir wissen, „was hat sie gesagt?“

„Das ist MEINE Story“, trotzt die Salzburger Kollegin – und gibt keine Silbe ihres Exklusiv-Interviews preis. (Es gibt eben solche und solche Kolleginnen. Wobei manche eben solchener sind als andere.) Was wir jedoch trotz ihrer Verschwiegenheit als sicher annehmen dürfen: Zu ENTE wird Sarah Wiener wohl kaum geraten haben. Aber nur deshalb nicht – weil sie jene der Gletschermühle nicht kannte. Denn diese kommt so leicht daher, dass man hinterher nur noch über die Piste schwebt.

Und zwar absolut SCHÖN. Und wir dabei etliche Schwünge für den Gerdl einlegen. Den Gerdl Wolf. Einer der liebenswertesten Golf-Kumpel unseres gesamten Lebens. Und Skilehrer zudem. In der Nacht von 3. auf den 4. November ist er an einem Herzinfarkt gestorben. Mit 51 Jahren.

Morgen ist in München die Beerdigung. Drunten. In der Suppe. Aber anschließend wird er garantiert hier oben zugegen sein, der Gerdl. Im Paradies. Und über den Wolken Skifliegen.

Jupp Suttner

Infos über DIE ZUKUNFT DES WINTERS: www.netzwerk-winter.at , www.allianz-zukunft-winter.at

Infos über SCHÖNSKIFAHREN des Österreichischen Skischulverbandes: www.snowsportaustria.com

Infos über österreichische Aufstiegshilfen: www.seilbahnen.at

Infos über die österreichische Ski-Industrie (Atomic, Blizzard, Fischer, Head): www.holzindustrie.at

Infos über das Skigebiet: www.kitzsteinhorn.at

Infos über die Gegend: www.zellamsee-kaprun.com

Infos über spezielle Gletscher&Hotel-Packages: www.tauernspakaprun.com

Infos über die Region: www.salzburgerland.com

Infos über das Land: www.austria.info

Und wie es beim Forum Allianz Winter vor einem Jahr, im November 2016, war – lesen Sie hier:

https://reise-stories.de/abgefahren-die-zukunft-des-winters-ist-oesterreichisch/

 

 

 

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