Es klammert und franzlt in Bad Kleinkirchheim

Und wieder hat Franz Klammer, der Kaiser, eine Großtat vollbracht. Indem er einfach vor die Türe des Gemeindezentrums ins Freie tritt – und es zu schneien beginnt. Obwohl Bad Kleinkirchheim in Kärnten bis wenige Sekunden zuvor sich als ziemlich grün präsentierte. Kaum Weiß – mit Ausnahme der Kunstschnee-Bänder auf den Pisten – an diesem Nikolaustag 2024. Aber dann eben tritt der Franz heraus, es beginnt zu schneien – und hört nicht mehr auf.

 

Das ist ein fast ebenso großes Wunder wie jenes zu seinem 70. am 3. Dezember 2023 – als er nur mit seiner Geburtstagsfeier 750.000 Euro an Medienwert („Mit 90 Abdrucken allein in Deutschland!“, so ein Pressesprecher) generierte.

 

Heute aber, am 6. Dezember 2024, ist nicht sein Geburtstag zu feiern, sondern: Die Enthüllung eines Denkmals für ihn! In Form einer etwa drei Meter hohen Skulptur des einheimischen Bildhauers Egon Gruber:

Foto-Copyright: Jupp Suttner

Sie steht nun auf einem Platz, der ab sofort Franz-Klammer-Platz heißt. Und das hat er sich wahrlich verdient – der Abfahrts-Olympiasieger von 1976 in Innsbruck hat den Ort berühmt gemacht. Und der Champ ist mit ihm verbunden, seit er bereits als Kind hier trainierte. Und in Mooswald lebte, wo ihn die Verwandtschaft immer gemeinsam mit ein paar anderen Buben zum Üben nach BKK chauffierte. „Aber einmal“, erzählt der Franz beim Skulpturen-Festakt, „haben sie vergessen, uns auch wieder abzuholen. Jeder der Familie dachte, dass jemand anders der Familie das machen würde. Da mussten wir 25 km zu Fuß nach Hause marschieren.“ In Skischuhen. Denn Mobiltelefone existierten damals noch nicht.

 

Das Wunderbare an „Kaiser Franz“ (als Ski-Pendant zu Kick-Kaiser Beckenbauer), auch genannt „Kaiser von Kärnten“, ist, dass er niemals abhob, weder während noch nach seiner Karriere. Keine Skandale, keine Affären – aber immer lustig, immer für einen Schmäh gut, entspringend seinem trockenen Humor. Jakob Forstnig, Vorsitzender des Tourismusverbandes Bad Kleinkirchheim und zugleich Betreiber des klasse Hotels Trattlerhof (wir berichteten über das Haus bereits) und der Trattler Chalets (wir WERDEN an anderer Stelle darüber berichten), etwa sagt über den Ehrenbürger der Gemeinde ins Mikrophon: „Das ist eine Würdigung nicht nur als Sportler, sondern auch eine Würdigung als Mensch.“

 

Und jetzt habe man den Franz als Skulptur, so dass „der nun jeden ,persönlich‘ begrüßen wird, der dort hin kommt.“ Und zwar mittels eines QR-Code an der Skulptur. Der Kärntner Landtagsabgeordnete Michael Maier: „Man trifft ihn gerne“.

Es klammert und franzlt in Bad Kleinkirchheim eben oben und unten, hinten und vorne. Und der Bürgermeister Matthias Krenn weist beispielsweise auf den „Klammerstich“ hin, eine Passage innerhalb der Weltcup-Abfahrt in BKK. Aber weil dieser Stich so brutal sei, habe man für den Damen-Weltcup, der dort ausgetragen werde, „eine Kurve eingebaut“.

 

Franz grinst: „Drei!“

 

Trotzdem gilt nach wie vor als Slogan für diese Strecke: „Die Frauen sind auf den Klammer abgefahren“. Doch nicht nur sie, auch für Kids stellte er stets ein Idol dar. Und Klaus Ehrenbrandtner, Geschäftsführer der Kärnten Werbung, weiß noch ganz genau: „Wir haben als Kinder beim Skifahren immer ‚Klammer Franz‘ gespielt! Und heute ist er unser Markenbotschafter…“

 

Der sich durchaus gerührt zeigt: „Das habe ich damals als Bua garantiert nicht gedacht, dass es mal eine Skulptur für mich geben würde. Ich wollte doch nur Skifahren.“

 

Der Volksschulchor bringt den rund 100 Anwesenden ein selbstkomponiertes Lied („Servus Franz“) dar, die beiden Pfarrer Uwe Träger und Alexander Chukwujindum segnen die Skulptur und an die anwesenden Medien ergeht der Hinweis, dass man alle nötigen Fotos vom Fotografen Soundso erhalten werde, man solle sich nur melden. Der Franz dazu:

 

„Ja, der (folgt Name) ist ein SPITZEN-Fotograf und macht SUPER Fotos! Nur gesehen hat sie noch keiner…“

 

Und es schneit weiter.

 

Jupp Suttner

 

Infos:

 

Wer mit Franz Klammer persönlich Skifahren möchte, besitzt bei Early Morning-Terminen mit ihm die beste Gelegenheit – am 7. Januar sowie am 4., 11. und 18. Februar. Details:

www.kaernten.at/erlebnisse-in-kaernten/veranstaltungen/KTN/4680e0cd-f448-4d02-a5d7-321330b8b070/-ski-vor-9–mit-franz-klammer-2025

 

Orts-Infos:

www.kaernten.at/pois/pois/KTN/00b9fe6c-d517-4f99-9939-34be3b9ae536/tourismusinformation-bad-kleinkirchheim

Unterkunfts-Infos (u.a.):

www.trattlerhof.at

Regionen-Infos:

www.seeundberg.at

Landes-Infos:

www.kaernten.at

Österreich-Infos:

www.austria.info

 

PS:

 

Wer mehr über Franz Klammer lesen will – im November 2023 veröffentlichte der Autor in seinem JUPPSLETTER anlässlich des 70. Geburtstags des Champs folgende Story:

 

Liebe Freundinnen,

Freunde & Freundiv.,

 

 

Ende der 70iger Jahre flehte eine Halbwüchsige im Zielraum von Kitzbühel mit einem Spruchband den Ski-Abfahrts-Helden Klammer an:

 

„Franz – FICK MICH!“

 

Und ein anderes Mädchen:

 

„Franz – ich will ein Kind von Dir!“

 

Am kommenden Sonntag, 3. Dezember, wird Franz Klammer nun 70. Jüngeren Leser/innen aus Nichtösterreich, denen dieser Name nichts sagt, sei gesagt: Er war zu seiner aktiven Zeit ein Held und Hero – nicht nur bei den beiden obigen Mädchen.

 

Bis heute gilt er als „Kaiser Franz“. Und zugleich als cooler Kerl. Allein schon seiner trockenen Sprüche wegen. Als der Kärntner 1976er-Abfahrts-Olympiasieger mal auf dem Weg zur Gondel eines Weltcup-Rennens stoppen musste, da ein Sarg auf dem Weg zum Begräbnis vorbeigefahren wurde, wurde der Champ gefragt, ob das nicht ein schlechtes Omen sei? Klammer:

 

„Für mi net – für den do drin schoo.“

 

Oder 2015, auf dem Course des Golfclubs Zillertal.  Franz Klammer ist 61, als er ganz besorgt in die Runde blickt.

 

„Wo ist denn Blondie schon wieder?“.

 

Denn gleich erfolgt der Start. Und Hansi Hinterseer (damals auch 61) ist immer noch nicht aufgetaucht. Dann schlendert er endlich heran und grinst: „Sorry, aber ich hab‘ unterwegs noch Autogramme geben müssen.“ Marc Girardelli (damals 51), ebenfalls auf ihn wartend: „Glaub ich nicht – denn auf dem Platz sind doch keine Leute über 80!“. Und fügt hinzu:

 

„Das ist mein Vorteil, meine Fans sind alle um die 50 – noch jünger allerdings kennt mich niemand mehr.“

 

Franz Klammer nickt: „Manchmal ist’s, dass ich in einem Hotel eincheck’ und dass das junge Mädl an der Reception nach meinem Namen fragt. Und wenn ich dann Klammer sag‘, fragt sie nach:,Und Ihr Vorname?‘ Passiert aber ganz, ganz selten.“

 

Und passiert garantiert nicht in Bad Kleinkirchheim. Denn dort kennt den „Kaiser Franz von Kärnten“ jede/r. Auch alle Skitouristen kennen ihn. Und der meist jede Woche einmal stattfindende „Klammer-Tag“ – Skifahren mit dem Abfahrts-Olympiasieger von 1976 – ist ständig ausgebucht.

 

„Die ersten zehn Minuten“, erzählte unser Guide Miro, mit dem wir mal die Pisten von Bad Kleinkirchheim befuhren, „hat er immer Lust, dass Selfies mit ihm drauf gemacht werden. Dann reicht es ihm und er fährt einfach stangengerade hinunter und da kann ihn keiner mehr belästigen.

Diesen Klammer-Tag sollten deshalb eigentlich nur wirklich gute Skifahrer buchen. Aber es kommen halt auch immer Schwache. Um die kümmern sich dann immer als ,Lumpensammler‘ zusätzlich engagierte Skilehrer.“

 

 

So wirbt man auf der Bad Kleinkirchheimer Website www.badkleinkirchheim.at

für das Frühmorgen-Skifahren mit Franz Klammer

 

Zurück zum Golf – denn die Einladung des Tourismusamtes Kärnten klang klasse: 1 Runde Golfen mit Franz Klammer, dem berühmten Repräsentanten dieses Bundeslandes – 18 Löcher mit dem Champ! Das Dumme nur:

 

Selbst einen Kaiser können beim Golfen maximal drei Leute begleiten.

 

Wir waren aber 13 – wer von uns würde den Klammer kriegen?

 

Jeder klammerte sich an irgendeine Hoffnung. Ich zum Beispiel an jene, dass ich 1976 bei seinem Olympia-Abfahrts-Sieg den Patscherkofel hinab im Zielraum stand und über sein Gold berichtete – das müsste doch einen Bonus geben!

 

Doch der Organisator des Turniers in München-Riem war schlau. Statt drei auszuwählen und die zehn anderen damit zu beleidigen – veranstaltete er ein Vor-Turnier. Jenes hieß:

 

„Nearest to the Franz“

 

– und funktionierte so:

 

Klammer würde an einem Par 3 als Erster abschlagen. Anschließend alle anderen. Und jene drei, die dem Franz seinem Ball am nächsten kämen – dürften mit ihm auf die Runde.

 

Eine prima Idee. Jedoch:

 

HC 5,6-Golfer Klammer schlug den ersten Ball – ins Wasser!

 

Normal wäre jetzt gewesen:

 

Jeder von uns, der die Kugel gleichfalls im Nass versenkt, dürfte mit dem Ski-Champ in ein Stechen. (Höchstens, engagierte Taucher wären in der Lage, die drei nächstschwimmenden Bälle zu identifizieren.)

 

Doch das OK entschied, den Star-Gast einen zweiten Ball schlagen zu lassen. Der landete weit rechts vom Green – aber immerhin wurden keine Taucher mehr benötigt. Franz lief trotzdem hochrot an.

 

Bei einer anderen Firmenveranstaltung in München – man schrieb die 80er-Jahre – stellte Franz Klammer die neuen Tennisschläger seines Skiausrüsters Fischer (oder war es Kneissl? Keine Ahnung mehr…) vor. Anschließend musste er von der Sport Scheck Anlage in Unterföhring zum Flughafen nach Riem transportiert werden. Ich bot mich an. Fuhr in meinem VW Käfer betont vorsichtig. Und dennoch:

 

Klammer saß völlig erstarrt und nervös auf dem Nebensitz – der schlechteste Beifahrer der Welt! Der doch selbst Autorennen fuhr! Aber man kann nicht alles können.

 

Rund 20 Jahre später, 2003, stand sein 50. Geburtstag an und ich interviewte ihn deshalb für SPORT-FAXX, wobei die Einleitung lautete:

 

„Großes Jubiläum – Franz Klammer, der beste Abfahrer aller Zeiten, wird 50! Am 3. Dezember. Der Olympiasieger 1976 gewann 25 Weltcup-Abfahrten – davon 1976/77 mal zehn Stück hintereinander. Heute betreibt der Österreicher (verheiratet, zwei Töchter) vorwiegend Promotion für sein Heimatland Kärnten. Und macht sich Gedanken über den alpinen Rennsport. Sowie über den Zusammenhang von Ski & Sex.“

 

Franz, die typischste aller Reporter-Fragen: Welcher war Ihr schönster Sieg?

 

1976, der Olympiasieg auf dem Patscherkofel bei Innsbruck. Das war schon ein Super-Rennen. Ich war am Start oben sicher, zu gewinnen – aber das dann umzusetzen! Ich habe die Chance bekommen – und habe sie genutzt. An zweiter Stelle: mein letzter Sieg in Kitzbühel – ich hatte zuvor ja 13 oder 14 Rennen lang nicht mehr gewonnen.

 

Haben Ihnen jemals in Ihrer Karriere die Knie geschlottert?

 

Als ich das erste Mal in Kitzbühel am Start oben stand, habe ich gesagt „die spinnen!“, da fahre ich nicht ’runter! Aber Angst muss man überwinden – ohne dabei den Respekt zu verlieren. Sonst ist es mit der Kontrolle vorbei und die Stürze kommen. Später wurde Kitzbühel dann meine Lieblingsstrecke…

 

Und es gab dort im Zielraum Schilder von Mädchen mit der Aufschrift „Franz – ich will ein Kind von Dir!“ Was dachten Sie sich bei dieser Lektüre?

 

Es schmeichelt einem natürlich schon, dass es Menschen gibt, die es anerkennen, wenn man etwas darstellt oder leistet. Na ja, wenn es nicht aufdringlich wird… Und wenn es die richtigen Frauen zur richtigen Zeit waren, dann hat man das nicht als Aufdringlichkeit empfunden…

 

Es ist also gar nicht so schlimm, berühmt zu sein?

 

Normalerweise ist immer ein gewisser Respekt da, eine Barriere, über die sich der normale Bürger doch nicht richtig zu springen traut. Ein unsichtbarer Balken. Und das ist gut so.

 

Aber die „Ski-Groupies“ sprangen wohl schon darüber?

 

Ja, die sind nachgereist. Das war lustig. Man nimmt das so hin, wie es ist. Aber es hat nicht solche Ausmaße angenommen wie bei den Musikern. Und es gab auch welche – ich erinnere mich an eine ältere Dame -, die wollten gar nichts von einem, sondern einfach im Zirkus dabei sein. Grundsätzlich war es bei uns halt nicht so streng wie bei den Nordischen – wir haben ja auch nicht lang laufen müssen.

 

Wie war das mit dem Sex vor dem Wettkampf?

 

Ich fand und finde das eher positiv – es ist gut für die Psyche. Auch in der Nacht vorher noch. Denn es ist eine Ablenkung und beruhigt einen. Man darf sich halt nicht zu sehr vorausgeben – man muss wissen, wie weit man geht.

 

Die kubanischen Boxer haben eine klare Anweisung, dass es – wenn schon vor dem Wettkampf – dann im Liegen zu geschehen habe. Um die Beine zu schonen.

 

Bei uns Skifahrern ist das egal – wir haben starke Beine antrainiert.

 

Warum sind Skisportler bei Frauen so begehrt?

 

Jean-Claude Killy, der dreifache französische Olympiasieger, hat unseren Erfolg mal so begründet: „Die Schwimmer ziehen sich nach ihrem Rennen an – wir Skifahrer aber ziehen uns aus…“

 

Einer der größten Womanizer war ja der Schweizer Abfahrts-Hasardeur Roland Collombin. Als sein Zimmerkollege Bernhard Russi, Olympiasieger 1972, auf dem Weg zum Start etwas vergessen hatte und nochmals ins Quartier zurückkehrte – fand er Collombin mit einem Zimmermädchen sich vergnügen. Roland gewann das Rennen – Russi stürzte in eine jahrelange Nicht-Siegesserie.

 

Genau. Das war in Kitzbühel, 1973 oder 1974. Der Collombin hat mir eine Zeit lang das Leben ziemlich schwer gemacht – auf der Piste, meine ich. Er hat 1974 alle Rennen gewonnen und ich wurde immer Zweiter. Er war ein Super-Rennfahrer und ich musste erst lernen, ihn zu schlagen.

 

Und wie war Ihr Verhältnis zu Bernhard Russi?

 

Damals schon super. Er fragte mich in Kitz, wie er fahren soll, welche Route – und es wäre mir nie eingefallen, ihm was Falsches zu sagen! So eine Situation gibt es heute nicht mehr.

 

Es gibt da eine Geschichte von einem Abfahrtslauf in Schladming. Sie waren auf dem Weg zum Rennen, als eine Beerdigung mit Sarg Ihren Weg kreuzte. Sie wurden gefragt: „Ein schlechtes Omen?“…

 

…genau, und ich habe geantwortet: „Ja – aber nur für den, der da drin liegt!“ Denn ich war nie abergläubisch. Darf man nicht sein bei einem gefährlichen Sport!

 

 

 

Am 7. Dezember steigt in Bad Kleinkirchheim die große Feier für den Franz,

bei der jedermensch dabei sein kann. Infos: www.badkleinkirchheim.at

 

 

Welche Höchstgeschwindigkeit wurde früher gefahren?

 

Sicher über 150 Stundenkilometer! Das Rennen mit der höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit aller Zeiten fand 1973 – ich habe es gewonnen – auf der Schladminger Planai-Strecke statt: 111,2 km/h.

 

Und heute?

 

Ich bin mir nicht sicher, ob sie auf der Geraden so schnell sind wie wir damals. Aber dafür sind sie in den Kurven VIEL schneller! Die sind ja auch anders trainiert als wir – allein, wenn ich an ihre Oberschenkel denke! Ich hatte 57 cm Umfang, der Schweizer Roland Collombin 60 cm und mein Team-Kollege Erwin Resch 62 cm – wir waren die Kings damit. Heute haben alle 65 bis 70 cm! Wir haben damals eher Kraftausdauer gemacht – doch heute hat sich Skifahren zu einer anderen, vollkommen athletischen, Sportart entwickelt. Einen Riesenslalom von 1:10 Minuten Länge, wie wir ihn damals hatten, würde heute keiner mehr durchhalten, bei dieser Muskelmasse!

 

Das Training hat sich jedoch auch technisch stark verändert.

 

Sicher. Bei uns war „freies Fahren“ noch sehr wichtig. Wir sind weniger durch Tore gefahren, sondern mehr auf Gefühl – das war sehr wichtig: denn wenn man innerhalb eines Abfahrtsrennens drei verschiedene Schnee-Arten hatte, MUSSTE man einfach Gefühl besitzen, um siegen zu können.

 

Und inzwischen?

 

Inzwischen ist die technische Schulung sehr viel wichtiger – wegen des Materials und wegen des Kunstschnees. Da muss der Aufkantwinkel genau passen, die Hüfte… Früher gab es zwei Arten von Skifahrern: Abfahrer – und andere… Heute hingegen gibt es die Abfahrer im Sinne von früher nicht mehr. Abfahrer sind eine aussterbende Spezies.

 

Ist der heutige gesamte Abfahrtssport mit seinen Wahnsinnskurven nicht etwas zu gefährlich geworden?

 

Geschwindigkeit ist immer gefährlich. Ich würde es lieber sehen, wenn sie die Pisten unruhiger machen würden – dann wären die Fahrer langsamer unterwegs. Außerdem müsste die Platte unter der Bindung niedriger gemacht und die Taillierung der Ski eingeschränkt werden. Jetzt glauben die Fahrer, sie hätten Sicherheit – wegen der autobahnähnlichen Piste. Aber man kann rasch verschneiden und stürzen.

 

Wie war das bei Ihnen damals?

 

Wir sahen, wo ein Baum steht – wir mussten damals Verantwortung für uns selbst übernehmen. Heute glauben alle, es kann eh nichts passieren – wir haben doch Netze. Dabei braucht man nicht einmal mehr zu fliegen, um sich einen Bänderriss zuzuziehen! In Wengen hat man heute 10 Meter Platz, wo es früher 2 oder 3 Meter waren – es geht in einem Zug ’rüber, wo wir früher aufpassen mussten.

 

Welches war das gefährlichste Rennen damals?

 

Kitzbühel, Schladming – oder Gröden. Wenn dort blankes Eis war.

 

Sind Sie froh, damals statt heute Rennfahrer gewesen zu sein?

 

Heute arbeiten sie von oben bis unten – das ist eine andere Philosophie. So gesehen bin ich froh, früher gefahren zu sein. Ich hatte damals mehr Freiheit, meinen Lauf gestalten zu können. Auch materialmäßig – wie richte ich den Ski her, wenn es wie in Wengen oben weich und unten hart ist? Es ist viel Finesse verloren gegangen.

 

Wie wichtig ist die Psychologie?

 

Anscheinend ziemlich wichtig. Ich selbst habe das nie geglaubt – habe dem vielleicht 80 Prozent eines Erfolges beigemessen. Inzwischen weiß ich es besser – und heute sind es auf alle Fälle 95 Prozent! Die Einstellung, alle zu schlagen, das Rennen an sich zu reißen und auch unter widrigen Umständen das Risiko einzugehen – das macht den Unterschied zwischen Sieg und Nicht-Sieg aus. Wenn ich oben stehe und zweifle an meiner Person und meinem Können und der Gegner wiederum sagt sich „Ich werde gewinnen!“ – dann sind das zwei unterschiedliche Voraussetzungen: der eine fährt immer mit einem Fragezeichen – der andere „tut“ etwas, um zu gewinnen.

 

Kann man „Siegen“ lernen?

 

Man kann es nicht lernen, ein Schumi, Tiger Woods oder Hermann Maier zu werden. Solche Naturtalente haben immer einen Vorsprung. Aber man kann sich von einem mittelmäßigen Sportler zu einem sehr guten steigern. Und ich habe noch in keiner Sportart gesehen, dass die Top-Leute psychologische Betreuer brauchen. Darum gibt es Serien-Sieger und gelegentliche Gewinner – wenn einer mal einen guten Tag hat.

 

Und die psychologische Beeinflussung des Gegners?

 

Die ist von Haus aus gegeben. Es ist mehr oder weniger die Präsenz des ewigen Siegers. Du strahlst etwas anderes aus – jener, der oft gewinnt, hat eine andere Aura um sich. Da braucht man keine Sprüche, um den Gegner zu verunsichern. Aber wenn der Grizzly (Werner Grissmann, d.Red.) sich konzentrierte, dann musste ich ihm nur kurz sagen, dass er heute eine gute Chance hat, Zweiter zu werden – das hat dann schon gereicht… Man muss seine Gegner kennen. Und der Grizzly hat sich leicht beeinflussen lassen, er war ein sehr sensibler Bursch’. Er war nicht so gefestigt, wie man immer glaubte.

 

Und wie ist das mit den heutigen Assen?

 

Heutzutage ist das anders – da sind die Fahrer ja teilweise böse aufeinander! Der Maier und der Eberharter beispielsweise, die hatten Zeiten, da waren die nicht einmal mehr in der Lage, sich die Hand zu geben! Wir jedoch waren früher Freunde. Auch mit den Ausländern. Es ging niemals unter die Gürtellinie. Aber damals war halt auch weniger Geld im Spiel.

 

Vor 26 Jahren ist Ihr Bruder Klaus bei einem FIS-Abfahrtslauf in Lienz/Ostirol schwer gestürzt, trug eine Querschnittslähmung davon und lebt seitdem im Rollstuhl. Dachten Sie damals – 24jährig, einen Winter nach Ihrem Olympiasieg – ans Aufhören?

 

Nicht wirklich. Sein Unfall hat mich im Prinzip nicht beeinflusst. Es war zwar ein Schock, denn man denkt als junger Mensch ja nie, dass einem selbst oder einem Familienmitglied so etwas passieren kann. Und ich habe durchaus überlegt, ob ich weiterfahren soll. Aber dann war ich im Reha-Zentrum in Graz und habe gesehen: unter all’ den Patienten war nur ein einziger Top-Sportler. Das hat mich bestärkt, weiter zu fahren. Und ich hatte dann auch nicht wirklich ein Problem damit.

 

Wie geht es Ihrem Bruder?

 

Er arbeitet als Steuerberater bei einem Consulting-Unternehmen in Klagenfurt, ist verheiratet, hat einen Sohn und fährt viel Ski, manchmal mit mir zusammen. Er braucht dabei immer Rennski an seiner Konstruktion, damit er gescheit auf Zug fahren kann. Klaus hat das Leben gemeistert.

 

Sie selbst wirken so fit, als wären Sie noch aktiver Rennfahrer – stehen Sie noch viel auf Ski?

 

40 bis 50 Tage im Jahr. Außerdem fahre ich mit dem Mountainbike und dem Rennrad rund 3 000 Kilometer im Jahr und spiele Golf.

 

Ziemlich gut – Handicap 5. Trotzdem wollten Sie angeblich das Golfen aufhören, weil Sie sich so mühen müssten – während Hansi Hinterseer ohne Training ungleich besser sei.

 

Ich bin im Golf ein Anti-Talent. Aber das ist der Reiz, zu kämpfen – sich auch in einer Sportart durch zu beißen, in der es einem nicht so leicht fällt, voran zu kommen. Der Hansi hingegen ist talentiert, der braucht nicht üben – der kann alles. Und beim Skifahren fehlte ihm nur eines: Er war kein Wettkämpfer.

 

Sind Sie wenigstens im Singen talentierter als er?

 

Singen? Das lasse ich überhaupt sein! Höchstens in der Badewanne oder auf der Hütte beim Après-ski. Ich bin der musikalische Konsument, der alles hört – vom Schlager bis zur ländlichen Musik. Aber wenn ich zu Hause sitze und auswähle, was ich hören will – dann Klassische Musik. Das hat sich im Laufe der Zeit so entwickelt.

 

Vielleicht wird das bei Hermann Maier auch mal so. Sind Sie auf seinen Ruhm eifersüchtig?

 

Naaaa! (Nein!)

 

Sie hatten ja auch einen Fan-Club – ihre Anhänger trugen damals alle kleine Wäsche-„Klammer“n am Anorak.

 

Ja – aber das war nicht organisiert. Wir haben uns die Fans nicht gezüchtet – die waren einfach da und waren begeistert.

 

Franz Klammer:

 

Geboren 3.12.1953 in Mooswald/Kärnten

 

1,83 m, verheiratet, zwei Kinder

 

Abfahrts-Gold Olympische Spiele 1976 Innsbruck

 

Kombi-Gold WM 1974 St. Moritz

 

Abfahrts-Silber WM 1974 St. Moritz

 

25 Weltcup-Abfahrten gewonnen, darunter 7 Mal die beiden Klassiker:

 

Kitzbühel 1974, 1976, 1977, 1984

 

Wengen 1974, 1976, 1977

 

Abfahrts-Weltcup gewonnen: 1974/75, 1975/76, 1976/77, 1977/78, 1982/83

 

Auch die KLEINE ZEITUNG in Kärnten brachte damals das Interview – doch ohne meinen Autoren-Namen. Denn das ging einfach nicht, dass ein PIEFKE für das Geburtstags-Interview ihres Local Hero verantwortlich zeichnete. Aber honoriert haben sie es gut…  : – )

 

Ein MUSS zum Ansehen –

Klammers olympischer Rodeo-Gold-Ritt 1976:

 

https://www.youtube.com/watch?v=Q46vCLkN_T8

 

Auch ein MUSS – den Kinofilm CHASING THE LINE über Franz Klammers Olympiasieg ansehen! Ist WIRKLICH gut! Trotz allen Kitsches. Der Trailer:

 

https://www.youtube.com/watch?v=ecp1xSqaA5c

 

Und hier findet ihr Infos über Botschafter Franz und seine Heimat sowie das Early Morning-Skifahren mit ihm (für jede/n buchbar):

 

www.badkleinkirchheim.at , www.kaernten.at , www.austria.info

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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